Beschluss: Abstimmungsergebnis:

Abstimmung: Ja: 10, Nein: 0

Sachverhalt:

Das geplante Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Mainufer“ sowie im Geltungsbereich der Satzung zur Baugestaltung in der Ortsmitte der Gemeinde Niedernberg (Gestaltungssatzung). Die Antragstellerin beabsichtigt den Abbruch des bestehenden Nebengebäudes und den Neubau eines Wohnhauses.

 

In der Bau- und Umweltausschusssitzung am 31.01.2023 wurde die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens für das Bauvorhaben „Ausbau Dachgeschoss“ des Baugrundstücks beschlossen. Der Bauantrag für dieses Bauvorhaben ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht genehmigt bzw. versagt worden, da noch Unterlagen fehlen. Laut Aussage der Antragstellerin beabsichtigt diese, das ursprünglich geplante Bauvorhaben, d. h. den Ausbau des Dachgeschosses, nicht umzusetzen und beantragt nun anstelle dessen den Neubau eines Wohnhauses in einem anderen Baufenster auf diesem Grundstück.

 

Grundflächenzahl

Die Grundflächenzahl (GRZ) gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Die zulässige Grundfläche ist der Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf. Im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Mainufer" beträgt die GRZ 1,0.

 

Die GRZ I umfasst die beiden Hauptgebäude und beträgt 0,19; die GRZ II enthält die Grundflächen aller baulichen Anlagen auf dem Grundstück und beträgt 0,32.

 

Damit wird die Festsetzung eingehalten.

 

Anzahl der Vollgeschosse

Im Bebauungsplan „Mainufer“ ist die Anzahl der Vollgeschosse festgesetzt. Für das Baufenster in dem das Wohnhaus errichtet werden soll, ist geregelt, dass ein Vollgeschoss mit Kniestock (max. 0,80 m) errichtet werden kann. Als Vollgeschosse gelten die Geschosse, die vollständig über der natürlichen oder festgelegten Geländeoberfläche liegen und über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine Höhe von mindestens 2,30 m haben.

 

Das geplante Bauvorhaben soll zweigeschossig (EG, DG) mit einem Spitzboden errichtet werden. Das Dachgeschoss ist laut des vorliegenden Vollgeschossnachweises kein Vollgeschoss. Der Spitzboden ist ebenfalls kein Vollgeschoss. Der Kniestock unterschreitet die Höhe von 0,80 m.

 

Diese Festsetzung wird somit eingehalten.

 

Geschossflächenzahl

Die Geschossflächenzahl gibt an, wie viele Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Mit einberechnet werden hierbei lediglich die Vollgeschosse. Die Geschossflächenzahl (GFZ) ist im Bebauungsplan „Mainufer“ mit maximal 1,6 festgelegt und wird durch das Bauvorhaben mit einer GFZ von 0,22 eingehalten.

 

Baugrenze

Baugrenzen dürfen von Gebäuden und Gebäudeteilen grundsätzlich nicht überschritten werden. Bei diesem Bauvorhaben soll die Baugrenze durch die Terrasse (24,50 m²) überschritten werden.

 

Hierfür wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. In der Begründung ist dargestellt, dass die geplante Terrasse an gleicher Stelle errichtet wird, die bereits schon seit Jahren als Freisitz genutzt wird. Es ergäbe sich daher keine Änderung die den Nachbarn negativ beeinträchtigen würde. Daher ist angegeben, dass nachbarschaftliche Belange durch die Befreiung nicht beeinträchtigt werden und eine Befreiung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

 

Die Gemeindeverwaltung sieht keine Probleme in der Überschreitung der Baugrenze. Dies ist insbesondere der Fall, da Terrassen keine Gebäude darstellen. In der Vergangenheit gab es deshalb auch bereits Fälle, bei denen die untere Bauaufsichtsbehörde für die Überschreitung der Baugrenze durch eine ebenerdige Terrasse kein Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans verlangt hat.

 

Wandhöhe

Die Wandhöhe ist das Maß von der Gehweg-Hinterkante bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut bzw. der obere Abschluss der Wand. Nach dem Bebauungsplan „Mainufer“ darf die Wandhöhe bei eingeschossigen Wohngebäuden mit Kniestock 3,80 m nicht überschreiten. Das geplante Wohnhaus soll mit einer Wandhöhe von 3,72 m errichtet werden.

 

Firstrichtung

Im Bebauungsplan „Mainufer“ ist für das betroffene Baufenster die Ausrichtung des Dachfirstes (obere Kante des Satteldachs) festgelegt. Demnach soll dieser von Norden nach Süden, d. h. parallel zum Main, verlaufen. Es ist geplant, die Fristrichtung nicht einzuhalten.

 

Hierfür wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. In der Begründung ist dargestellt, dass das Dach mit einer Solar- und Photovoltaikanlage belegt werden soll. Zur Nutzung von Alternativenergien ist die Drehung des Firstes um 90° erforderlich. Weiterhin ist angegeben, dass in unmittelbarer Nähe keine einheitlichen Dachausrichtungen vorhanden sind und die Drehung des Firstes der erforderlichen Abstandsfläche entgegenkommt. Der betroffene Nachbar würde dadurch westliche geringer beeinträchtigt. Das bestehende Nebengebäude hat derzeit ebenfalls eine Firstausrichtung von West nach Ost.

 

Die Gemeindeverwaltung sieht keine Probleme in der Nichteinhaltung der Firstrichtung. Im Bebauungsplan „Mainufer“ ist keine einheitliche Regelung erkennbar.

 

Abstandsflächen

Vor den Außenwänden von Gebäuden sind Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO). Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich nach der Wandhöhe; sie wird senkrecht zur Wand gemessen. Die Höhe von Dächern mit einer Neigung von bis einschließlich 70 Grad wird zu einem Drittel der Wandhöhe, von Dächern mit einer Neigung von mehr als 70 Grad voll der Wandhöhe hinzugerechnet. Dies ergibt das Maß „H“. Die Tiefe der auf dem Grundstück selbst liegen.

 

Eine Ausnahme hiervon ist in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO festgelegt. Demnach dürfen Abstandsflächen auch auf öffentlichem Verkehrsflächen liegen, jedoch nur bis zu deren Mitte.

 

In Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO ist geregelt, dass sich Abstandsflächen ganz oder teilweise auf anderen Grundstücken erstrecken dürfen, wenn der benachbarte Grundstückseigentümer gegenüber der Bauaufsichtsbehörde schriftlich zustimmt (sog. Abstandsflächenübernahme). Diese Zustimmung gilt auch für und gegen seine Rechtsnachfolger.

 

Die nördliche, östliche und südliche Abstandsfläche liegen jeweils alle auf dem Baugrundstück. Die westliche Abstandsfläche liegt nicht auf dem Grundstück selbst. Sie liegt teilweise auf der angrenzenden Straße (Quergasse, Fl.Nr. 114), sowie teilweise auf dem gegenüberliegenden Grundstück (Quergasse 3, Fl.Nr. 113).

 

Für die Lage der westlichen Abstandsfläche auf dem gegenüberliegenden Grundstück liegt eine Abstandsflächenübernahme vor.

 

Stellplätze

Auf dem Grundstück werden 2 Stellplätze für das Bauvorhaben errichtet. Notwendig sind laut dem Bebauungsplan „Mainufer“ pro Wohneinheit 1,5 Stellplätze. Ist die Wohneinheit kleiner als 50 m² ist ein Stellplatz notwendig.

 

Durch das Bauvorhaben entsteht eine neue Wohneinheit mit einer Grundfläche von mehr als 50 m². Das bestehende Wohnhaus wird nicht verändert, weshalb hierfür keine Stellplätze nachgewiesen werden müssen. Aus diesem Grund sind insgesamt 1,5 ≈ 2 Stellplätze notwendig.

 

Nach § 3 Nr. 1 Buchstabe a der Satzung über die Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge der Gemeinde Niedernberg würden hier ebenfalls 2 Stellplätze gefordert werden. Der Bebauungsplan ist hier vorrangig, die Satzung würde aber in diesem Fall dennoch eingehalten werden.

 

Für das ursprünglich eingereichte Bauvorhaben (Ausbau Dachgeschoss) wurden die notwendigen 2 Stellplätze an derselben Stelle nachgewiesen. Würden beide Bauvorhaben umgesetzt werden so sind insgesamt 4 Stellplätze notwendig, welche alle auf dem Grundstück hergestellt werden müssen. Aufgrund dessen wird das Einvernehmen unter der Bedingung, dass das im Februar eingereichte Bauvorhaben nicht umgesetzt oder bzgl. der Stellplätze überplant wird, erteilt.

 

Nachbarbeteiligung

Der einzige direkt angrenzende Grundstückseigentümer wurde nicht beteiligt.

 

Hochwasserschutz
Das Baugrundstück liegt teilweise im Überschwemmungsgebiet (HQ100). Das Landratsamt prüft im Rahmen des Bauantrags welche Auswirkungen dies hat und ob notwendige Maßnahmen getroffen werden müssen.


Beschluss:

Der Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde Niedernberg erteilt zum o. g. Bauvorhaben und den damit verbundenen Anträgen auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans bzgl.

 

-        Traufhöhe

-        überbaubare Grundstücksfläche, Baugrenze

 

das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB.

 

Voraussetzung für die Gemeinde Niedernberg ist, dass der Bauantrag „Ausbau Dachgeschoss“ (Eingangsdatum Gemeinde: 18.01.2023, Aktenzeichen Gemeinde: G/3/2023) zurückgezogen wird.