Sitzung: 27.02.2024 Gemeinderat
Beschluss: Abstimmungsergebnis:
Abstimmung: Ja: 12, Nein: 0
Vorlage: 026/2024
Sachverhalt:
Im Jahr 2011 wurde vom
Gemeinderat der Grundsatzbeschluss über den Bau der Mensa gefasst. Mit der
beschlossenen Maßnahme hat die Gemeinde Niedernberg das Angebot zur besseren
Vereinbarkeit von Familie und Beruf optimiert. Grundlage für die Planungen war
die Zubereitung von Essen für die Kinder der Mittagsbetreuung, sowie die
Lieferung von Essen an die Kindertageseinrichtungen. Anfang 2012 wurde die Art
der Küche behandelt und der Gemeinderat entschied sich für den Bau einer aufwendigen
Zubereitungsküche. Die Niedernberger Schulmensa hat in den bisherigen amtlichen
Kontrollbesuchen sehr gute Bewertungen erhalten.
Umsatzsteuerliche Betrachtung der Mensa
Das Essen der Mensa ist
mehrwertsteuerpflichtig. Je nach Abnehmergruppe gelten für das Essen
unterschiedliche Mehrwertsteuersätze. Dies bedeutet, dass bei einem einheitlich
festgelegten Brutto-Entgelt je Essen unterschiedlich viel der Gemeinde
verbleibt. Nachfolgend ein Überblick über die geltenden Mehrwertsteuersätze:
Abnehmergruppe |
Mehrwertsteuersatz |
Kinder
Mittagsbetreuung |
0 % |
Aufsichtspersonen
Mittagsbetreuung |
19 % |
Essen an
Kindergärten Kinder und Aufsichtspersonen (Lieferung) |
7 % |
Sonstige „Vor-Ort-Esser“
(Lehrer) |
19 % |
Die oben dargestellten unterschiedlichen
Mehrwertsteuersätze haben auch Auswirkungen auf die unternehmerische Nutzung
der Mensa und der daraus resultierenden Möglichkeit zum Vorsteuerabzug im
Bereich der Mensa. Der Anteil des Essens auf welches 19% oder 7% MwSt
angerechnet werden, stellen die unternehmerische Tätigkeit dar, der Anteil das
Essens auf welches keine MwSt angerechnet wird (0%) stellt keine
unternehmerische Tätigkeit dar. Ein Vorsteuerabzug kann nur anteilig auf die
unternehmerische Nutzung geltend gemacht werden. Derzeit beträgt die
unternehmerische Nutzung der Mensa 60%, da 60% steuerpflichtiges Essen verkauft
wird.[1]
Nutzerkreis
Zu Beginn des
Betriebs der Mensa war fraglich, ob die Mensa ebenfalls Essen Schülern, die
nicht die Mittagsbetreuung besuchen, Lehrern, Gemeindebediensteten und
sonstigen Bürgern anbieten dürfe um die Fixkosten zu senken und damit das
Defizit zu verringern.
Zunächst
ist festzuhalten, dass der Verkauf von Essen an Gemeindebedienstete unkritisch
ist, jedoch ist hier wieder das steuerrechtliche Problem bzgl. des geldwerten
Vorteils zu berücksichtigen. Für die anderen fraglichen Nutzergruppen gilt
folgendes: Es ist durchaus zulässig Essen an andere Nutzergruppen, die
weitläufig eine Verbindung zu der Gemeinde haben und nicht nur Einwohner oder
Bürger sind (Lehrer, externe Schüler) zu verkaufen. Es ist jedoch unzulässig,
das Essen an „normale“ Bürger zu verkaufen.
In
diesem Zusammenhang steht jedoch auch der Preis für das Essen. Das Entgelt für
Schüler und Kindergartenkinder[2] muss nicht
kostendeckend sein und darf von der Gemeinde subventioniert werden. Im
Gegensatz dazu sollte für Lehrer und Gemeindebedienstete ein kostendeckender
Preis festgelegt werden, da die Gemeinde diese Essen rechtlich nicht
subventionieren dürfte. Bei einer Subventionierung würde mit Steuergeldern
Essen für einen Käuferkreis subventioniert werden, der ansonsten bei einem
privaten Unternehmer essen würde. Dieser Unternehmer erhalte dabei keine
Subventionierung und müsse sein Essen kostendeckend verkaufen.
Fraglich war zu
Beginn des Mensabetriebs auch, ob die Bewirtung von verschiedenen gemeindlichen
oder nichtgemeindlichen Veranstaltungen zulässig ist. Hier ist zu beachten,
dass die Durchführung von Veranstaltungen nicht zum Mensabetrieb gehört und hier
ein Konkurrenzverhältnis z. B. zu Gaststätten und Catering-Anbietern
besteht.
Entgelt
Das Entgelt je Essen wurde 2014 auf
3,50 € brutto sowohl für Kindergartenkinder, Schüler und diensthabendes
Aufsichtspersonal und auf 5,00 € brutto für nicht diensthabendes
Aufsichtspersonal und Lehrer festgelegt. Bereits hier wurde davon ausgegangen,
dass das Entgelt nicht kostendeckend ist und somit der Betrieb jährlich durch
die Gemeinde bezuschusst werden muss.
Im Jahr 2016 wurde das Entgelt je Portion
kalkuliert, nachdem die Mensa nun einige Zeit in Betrieb war, und in der
Sitzung vom 21.07.2016 dem Gemeinderat vorgestellt. Die Kalkulation ergab ein
Entgelt von 9,60 €/Essen brutto um sämtliche Kosten (inkl. kalk. Kosten) der
Mensa decken zu können. Es wurde daraufhin vom Gemeinderat in dieser Sitzung
beschlossen, dass das Entgelt für Kindergartenkinder, Schüler und
diensthabendes Aufsichtspersonal mit 3,50 €/Essen brutto beibehalten wird.
Das Entgelt für nichtdiensthabendes Aufsichtspersonal und Lehrer wurde auf 5,40
€/Essen brutto erhöht, um hier zumindest die variablen Kosten (Personal und
Lebensmitteleinkauf) zu decken.
Bei der Festlegung der Preise wurde bewusst kein Unterschied zwischen
Kindern im Kindergarten und Kindern in der Mittagsbetreuung gemacht und es
wurde sich für ein Einheitspreis entschieden. Laut Küchenleitung kann nicht
pauschal gesagt werden, dass Kindergartenkinder kleinere Portionen essen wie
z. B. Schulkinder. Auch dass das Essen in der Mensa der Mittagesbetreuung
vom Küchenpersonal ausgegeben wird und in den Kindergärten vom
Kindergartenpersonal bleibt unberücksichtigt. Zwar fallen in der
Mittagsbetreuung dardurch höhere Personalkosten an, jedoch wird das Essen in
die Kindergärten geliefert, wofür auch Kosten für Fahrzeug und Personal anfallen.
Auch die Personakosten in den Kindergärten werden von den Defizitvereinbarungen
zwischen Gemeinde und KLMT-Stiftung abgedeckt.
Insgesamt ergaben sich unter
Berücksichtigung aller Aufwendungen und Erträge welche auf den Betrieb der
Mensa entfallen folgende Jahresfehlbeträge:
2018 |
2019 |
2020 |
2021 |
2022 |
2023 |
88.605,71 € |
96.365,32 € |
122.649,99 € |
130.960,27 € |
138.291,46 € |
166.548,79 €* |
* Der
Endbetrag 2023 ist nicht korrekt, der Jahresabschluss ist noch nicht vollzogen.
Hier fehlen noch Buchungen. Der Wert ist eine Schätzung.
Das erhöhte Defizit in den Jahren 2020 und
2021 ergibt sich jeweils aus coronabedingten Schließungen und Rückgang der
Anzahl der verkauften Essen. Die Erhöhungen in den Folgejahren durch die
insgesamt gestiegenen Kosten. Der Jahresfehlbetrag in 2023 wird sich noch
verändern, da der Jahresabschluss noch nicht vollzogen ist, dies ist lediglich
ein Schätzwert.
Kalkulation 2024
Auf Grundlage des Haushalts 2024 wurde das
Entgelt je Essen neu kalkuliert. Es ergibt sich folgendes Entgelt:
Zu Grunde
gelegte Werte |
Anzahl
Portionen |
Durchschnittliche
Gesamtkosten pro Jahr (netto) |
Kosten je Essen
(brutto) |
Gesamtkosten |
35.000 |
-344.342,62 € |
10,26 €* |
Gesamtkosten ohne Abschreibung und kalk.
Verzinsung |
35.000 |
-317.828,68 € |
9,47 €* |
nur Kosten Dienstleister und
Lebensmittel/Verbrauchsmaterial |
35.000 |
-237.500,00 € |
7,08 €* |
*
Das Essen aus der Mensa unterliegt der Umsatzsteuer. Für die Essen gelten je
nach Abnehmergruppe unterschiedliche Mehrwertsteuersätze (s.o.). Für die
Ermittlung der Kosten je Portion inkl. MwSt wurde von einem
Mischmehrwertsteuersatz ausgegangen.
Das Entgelt für Lehrer und nichtdiensthabendes Aufsichtspersonal muss aus
den oben aufgeführten Gründen deutlich erhöht werden. Das Entgelt für diesen
Nutzerkreis soll kostendeckend sein.
Unter Betrachtung verschiedener Entgelte (brutto) je Essen ergeben sich
folgende Jahresfehlbeträge für den Betrieb der Mensa:
|
Fehlbetrag |
||
|
Gesamtkosten |
Gesamtkosten ohne Abschreibung und kalk. Verzinsung |
nur Dienstleistungs- und Lebensmittelkosten/ |
3,50 € je Essen |
236.718,22 € |
209.058,88 € |
125.260,00 € |
3,60 € je Essen |
233.218,22 € |
205.558,88 € |
121.760,00 € |
3,70 € je Essen |
229.718,22 € |
202.058,88 € |
118.260,00 € |
3,80 € je Essen |
226.218,22 € |
198.558,88 € |
114.760,00 € |
3,90 € je Essen |
222.718,22 € |
195.058,88 € |
111.260,00 € |
4,00 € je Essen |
219.218,22 € |
191.558,88 € |
107.760,00 € |
4,10 € je Essen |
215.718,22 € |
188.058,88 € |
104.260,00 € |
4,20 € je Essen |
212.218,22 € |
184.558,88 € |
100.760,00 € |
4,30 € je Essen |
208.718,22 € |
181.058,88 € |
97.260,00 € |
4,40 € je Essen |
205.218,22 € |
177.558,88 € |
93.760,00 € |
4,50 € je Essen |
201.718,22 € |
174.058,88 € |
90.260,00 € |
Broschüre
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat im Jahr 2019
eine Broschüre mit dem Titel „DGE-Studie zu Kosten- und Preisstrukturen in der
Schulverpflegung (KuPS)“ als
Handreichung für Schul- und Sachaufwandsträger herausgegeben. Hier wird auf die
verschiedenen Arten einer Küche und die daraus resultierenden Kosten und
Wirtschaftlichkeit der Schulverpflegung eingegangen und dies näher beleuchtet.
Am ähnlichsten von den hier dargestellten Küchenarten ist die sog.
Mischküche der in der Mensa Niedernberg. Die Definition hierfür lautet wie
folgt: „Die Speisen werden vor Ort mit frischen Lebensmitteln und Produkten mit
unterschiedlich hohem Convenience-Grad zubereitet.“
Das nachfolgende Schaubild zeigt die ermittelten Kosten (netto) je
Mahlzeit einer Mischküche. Zu bachten ist, dass Gebäudekosten und kalk. Kosten
hier nicht berücksichtigt wurden. In den ausgewiesenen Investitionskosten sind
lediglich Betriebsmittel, wie die Ausstattung der Küche, der Lagerräume, des
Speiseraums und der Ausgabe sowie von Lieferfahrzeugen angesetzt. Zu beachten
ist auch, dass der Preis stark von der Menge der verarbeiteten
Convenience-Produkten abhängt und so ein Vergleich erschwert wird.
Am ehesten vergleichbar mit den hier dargestelten Selbstkosten sind daher
die kalkulierten Gesamtkosten ohne Abschreibung und kalk. Verzinsung der Mensa
in Niedernberg. Dieser beträgt 9,08 € netto (9,47 € brutto) für den Zeitraum
2024-2027.
Quelle:
Bundesministerium
für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL); DGE-Studie zu Kosten- und Preisstrukturen
in der Schulverpflegung (KuPS); Kosten und Wirtschaftlichkeit der
Schulverpflegung im Fokus – eine Handreichung für Schul- und
Sachaufwandsträger; August 2019; S. 34.
Andere Gemeinden:
Die Gemeindeverwaltung hat die aktuellen Preise in umliegenden Gemeinden
abgefragt. Die Preise der abgefragten Gemeinden liegen zwischen 3,50 € und
5,00 €. Da unterschiedliche Zubereitungsarten (Lieferung,
Zubereitungsküche, ...) zugrunde liegen, ist ein unmittelbarer Vergleich jedoch
nicht möglich.
[1]
Hinweis: Zu beachten ist, dass der Betrieb der Mensa nicht im gesamten Gebäude
erfolgt, sondern nur auf 45,86% der Fläche des Anbaus. Dementsprechend kann für
das Gebäude lediglich ein Vorsteuerabzug i. H. v. 27,516% (45,86%
Nutzung Gebäude x 60% unternehmerische Nutzung) geltend gemacht werden
[2]
Die Essenslieferung an die Kindergärten ist rechtlich unbedenklich. Es handelt
sich zwar um einen kirchlichen Träger, jedoch besteht mit dem Träger eine
Defizitvereinbarung und somit ein enges Verhältnis.
Beschluss:
Die Gemeinde Niedernberg setzt den Preis für
Kinder der Betreuungseinrichtungen Kindergarten St. Cyriakus, Kindergarten
Sonnenschein und Mittagsbetreuung ab dem kommenden Schuljahr auf 4,50 € brutto
je Essen aus der Mensa fest.