Beschluss: Abstimmungsergebnis:

Abstimmung: Ja: 11, Nein: 3

Sachverhalt:

Einen Anspruch auf Betreuung haben Eltern ab dem vollendeten ersten Lebensjahr ihres Kindes. Der Platzbedarf muss mindestens drei Monate vor Betreuungsbeginn angemeldet werden. Dabei haben die Eltern ein grundsätzliches Wahlrecht der Einrichtung, sie können ihre Kinder auch außerhalb von Niedernberg betreuen lassen. Im Umkehrschluss könnte die Gemeinde auch auf Betreuungsplätze außerhalb von Niedernberg zurückgreifen, wenn in Niedernberg selbst keine Plätze mehr zur Verfügung stünden. Tatsächlich ist die Wahlmöglichkeit jedoch sehr begrenzt, da sowohl in Niedernberg wie auch in den umliegenden Gemeinden die Einrichtungen ausgelastet sind.

 

Kinderkrippe KinderReich

In den vergangenen Jahren war die Auslastung der Kinderkrippe KinderReich stets auf hohem Niveau. Vom früheren Anspruch der Kinderkrippe die Gruppen mit nur 10 statt wie geplant 12 Kindern auszulasten, wurde zwischenzeitlich bereits abgerückt. Dennoch gibt es immer wieder Engpässe, bei denen Eltern ihre Wunschbetreuung nicht mehr zugestanden werden kann, da die Gruppen an einzelnen Wochentagen bereits komplett gefüllt sind.

Die Kinderkrippe wurde bei ihrer Errichtung ebenfalls für die Betreuung von Kindern von Mitarbeitern der Firma Gries Deco Company GmbH ausgelegt. Die Firma beteiligte sich entsprechend an Investitions- wie auch Betreuungskosten. Der Vertrag läuft aktuell bis August 2023. Seitens der Gries Deco Company GmbH besteht Interesse an der Fortführung einer entsprechenden Vereinbarung.

Die meisten Kinder, welche in der Kinderkrippe betreut werden, wechseln – abhängig von ihrer persönlichen Entwicklung – mit 2,5 Jahren in einen Kindergarten.

Träger der Kinderkrippe ist der Kinderkrippe KinderReich e. V. Eine Defizitvereinbarung besteht. Das Gebäude gehört der Gemeinde Niedernberg, diese ist damit auch für den Unterhalt zuständig.

 

Tagespflege

Weiterhin gibt es in Niedernberg eine Kindertagespflege, bei der eine Tagesmutter Kinder bei sich zuhause betreut. Betreut werden können dort bis zu fünf Kinder. Zwei Niedernberger Kinder nehmen diese Betreuungsform aktuell in Anspruch.

 

Altersstruktur, Auslastung und Bedarf

Im Alter zwischen 1 und 3 Jahren gibt es in Niedernberg derzeit 89 Kinder. Von diesen 89 Kindern werden 38 Kinder in der Kinderkrippe, 18 Kinder in den Kindergärten, zwei Kinder bei der Tagespflege und ein Kind in einer Einrichtung außerhalb Niedernbergs betreut. Dementsprechend werden in Niedernberg rund 66 % der Kinder unter 3 Jahren in einer Einrichtung oder Tagespflege betreut.

 

Erweiterungsmöglichkeiten

Um den Betreuungsbedarf auch in Zukunft gerecht werden zu können, hat sich die Gemeindeverwaltung mit mehreren Möglichkeiten beschäftigt.

 

Erweiterung der Kinderkrippe KinderReich

Der ehrenamtlich geführte Trägerverein der Kinderkrippe kann eine Erweiterung der bestehenden Kinderkrippe organisatorisch nicht leisten. Weiterhin bestehen Grenzen bei der Auslastung der Küche, etc. Eine Erweiterungsoption scheidet damit aus.

 

Neubau einer Kinderkrippe

Ein Neubau einer Kinderkrippe wäre autark an einer neuen Stelle, oder evtl. auch an einen Kindergarten angegliedert möglich. Ein Neubau könnte als Massivbau oder auch als Containerlösung entstehen. Die Kosten für eine Gruppe (zwölf Kinder) beginnen bei ca. einer Million Euro.

 

Einrichtung einer Großtagespflege

Eine Großtagespflege könnte in einem Wohnhaus oder anderen Gebäude entstehen, Sicherheitsaspekte wie ein Fallschutz an einer Treppe, Klemmschutz an Türen, o. ä. müssen beachtet werden. Weiterhin muss es einen getrennten Raum, in welchem die Kinder schlafen können, geben. In einer Großtagespflege können zwischen acht und zehn Kinder gleichzeitig betreut werden. Je Betreuungsperson dürfen maximal fünf Kinder gleichzeitig betreut werden. Sofern in der Großtagespflege nur 2-3 qualifizierte Tagespflegepersonen tätig sind, liegt die Obergrenze bei acht Kindern, ist eine Person mit einer Qualifikation mindestens eines Erziehers involviert, können bis zu zehn Kinder gleichzeitig betreut werden.

 

Mini-KiTa

Ebenfalls in einer Wohnung könnte eine Mini-KiTa entstehen. Hierfür ist jedoch eine Betriebserlaubnis von Nöten, welche mehrere weitere Anforderungen mit sich bringt, die mit erhöhten Investitionskosten verbunden sind. In einer Mini-KiTa könnten zwölf Kinder betreut werden. In der Mini-KiTa kann eine qualifizierte Tagespflegeperson mit 100 Stunden Zusatzqualifikation als Ergänzungskraft in den Anstellungsschlüssel eingerechnet werden.

 

Perspektivische Entwicklung

Die Gemeindeverwaltung sieht eine große Chance in der Einrichtung einer Großtagespflege, wie sie in anderen Orten bereits etabliert ist.

Räumlichkeit

Ein möglicher Raum hierfür wäre das Obergeschoss der Sparkasse, dieser wurde mit der Fachaufsicht besichtigt und als geeignet empfunden. Die Miete beträgt jährlich ca. 20.000 Euro. Der benachbarte Bauplatz ist derzeit nicht in Benutzung und könnte als Außenspielfläche dienen. Dies ist keine Voraussetzung, aber eine gute Sache.

Derzeitige Nutzung der Räumlichkeit

Der Raum im Obergeschoss der Sparkasse wird aktuell vom Niedernberger Turnverein genutzt. Dieser benötigt ihn solange, wie die pandemiebedingten Einschränkungen durch Vorschriften beim Lüften, etc. fortbestehen. Sobald diese wegfallen können die Sporteinheiten wieder in der Hans-Herrmann-Halle abgebildet werden.

Finanzierung

Größere investive Maßnahmen entfallen, es muss noch eine Begehung mit dem Sicherheitsbeauftragten stattfinden. Hier können noch Kosten für die Umsetzung entsprechender Maßnahmen entstehen. Die Gemeinde könnte evtl. bei der Ersteinrichtung (wohnungsähnlich) unterstützen, ein größerer Finanzierungsbedarf ist nicht notwendig. Auf jeden Fall müsste die Gemeinde für die Miete aufkommen.

Die Gemeinde ist im Bereich der Großtagespflege, ebenso wie im Bereich anderer Kindertageseinrichtungen, für die kindbezogene Förderung nach dem Bayrischen Kinderbildungsgesetz, verantwortlich. Der Gewichtungsfaktor beträgt in der Großtagespflege für Krippenkinder 1,3, während er in Einrichtungen 2,0 beträgt. Im Folgenden die Berechnungstabelle für den kommunalen jährlichen Förderbetrag:

Tagespflege

Kindertagesstätte

Differenz

Basiswert

1.196,85 €

1.260,76 €

0 bis unter 3 Jahre

behindert

Std/Tag

Faktoren

1,3

2

4,5

>1-2 Std.

0,5

777,95 €

1.260,76 €

2.836,71 €

482,81 €

>2-3 Std.

0,75

1.166,93 €

1.891,14 €

4.255,07 €

724,21 €

>3-4 Std.

1

1.555,91 €

2.521,52 €

5.673,42 €

965,62 €

>4-5 Std.

1,25

1.944,88 €

3.151,90 €

7.091,78 €

1.207,02 €

>5-6 Std.

1,5

2.333,86 €

3.782,28 €

8.510,13 €

1.448,42 €

>6-7 Std.

1,75

2.722,83 €

4.412,66 €

9.928,49 €

1.689,83 €

>7-8 Std.

2

3.111,81 €

5.043,04 €

11.346,84 €

1.931,23 €

>8-9 Std.

2,25

3.500,79 €

5.673,42 €

12.765,20 €

2.172,63 €

>9 Std.

2,5

3.889,76 €

6.303,80 €

14.183,55 €

2.414,04 €

Personal

Qualifiziertes Personal (KinderpflegerInnen und ErzieherInnen) zu finden stellt bereits seit einiger Zeit ein Problem dar, an vielen Stellen herrscht hier Personalmangel. Tagespflegepersonen müssen an einem Qualifizierungskurs von 160 Stunden teilnehmen.

Das Personal kann auf selbstständiger Basis arbeiten. Damit wäre die Großtagespflege sowie die Kindergärten und die Kinderkrippe von der Gemeinde unabhängig. Es kann sich jedoch auch ein Trägerverein o. ä. bilden.

Nebenkosten, Reinigung, etc. müssten von den Tagespflegepersonen getragen und organisiert werden. Mit den Tagespflegepersonen kann ein Vertrag bzgl. der vorrangigen Aufnahme von Niedernberger Kindern im Gegenzug zur Bereitstellung der Räumlichkeiten geschlossen werden. Eine Defizitvereinbarung wie in den Kindergärten ist nicht notwendig.

Die Tagespflegepersonen erhalten ein Entgelt

von 6,66 Euro je Stunde je Kind in der Qualifizierungsstufe 1 (nach Erhalt der Pflegeerlaubnis) bzw.

von 7,17 Euro je Stunde je Kind in der Qualifizierungsstufe 2 (nach 5 Jahren; bei ErzieherInnen wird Berufserfahrung in den letzten 10 Jahren auf Wartezeit angerechnet)

Hieraus ergibt sich nachfolgende Tabelle je Kind, welcher ebenfalls der monatliche Elternbeitrag entnommen werden kann.

Std/Tag

Std/Woche

Tagespflegeentgelt an die Tagespflegeperson monatlich Q1

Tagespflegeentgelt an die Tagespflegeperson monatlich Q2

Elternbeitrag

>1-2 Std.

bis 10 Std.

289,00 €

311,00 €

85,00 €

>2-3 Std.

10,1 bis 15 Std.

433,00 €

466,00 €

105,00 €

>3-4 Std.

15,1 bis 20 Std.

578,00 €

622,00 €

120,00 €

>4-5 Std.

20,1 bis 25 Std.

722,00 €

777,00 €

135,00 €

>5-6 Std.

25,1 bis 30 Std.

866,00 €

932,00 €

155,00 €

>6-7 Std.

30,1 bis 35 Std,

1.011,00 €

1.088,00 €

175,00 €

>7-8 Std.

35,1 bis 40 Std.

1.155,00 €

1.243,00 €

195,00 €

>8-9 Std.

40,1 bis 45 Std.

1.299,00 €

1.398,00 €

215,00 €

>9 Std.

45,1 bis 50 Std.

1.444,00 €

1.554,00 €

235,00 €

Sozialversicherungsbeiträge werden zur Hälfte erstattet.

Sollte eine pädagogische Fachkraft beteiligt sein, wird zusätzlich ein Tagespflegeentgelt gezahlt.

 

Vorgehensweise

Sollte der Gemeinderat der Vorgehensweise zustimmen, wird das Landratsamt gemeinsam mit der Kommune Akquise betreiben und bietet auch eine Informationsveranstaltung zu Tagepflegepersonen an. Weiterhin kümmert sich das Landratsamt aktuell um mögliche Qualifizierungsmaßnahmen. Die Gemeindeverwaltung würde, wenn entsprechendes Personal gefunden würde, mit der Sparkasse die notwendigen Veränderungen in den Räumlichkeiten absprechen, welche teilweise bereits trotz der Nutzung des Turnvereins vorgenommen werden können.

Alternativ müsste die Vereinbarung mit Gries Deco zwingend aufgelöst werden. Dies müsste auch zum Tragen kommen, wenn kein Personal zur Errichtung einer Großtagespflege gefunden würde.

 

Start

Um einen frühzeitigen Start zu ermöglichen, müssten sich ausgebildete Personen finden. Andernfalls ist der Startpunkt von den Qualifizierungsmaßnahmen abhängig, die im April startende Maßnahme endet beispielsweise im November, ist jedoch für etwaige Interessenten zu kurzfristig.

 

Anmerkung

Nach Einschätzung der Fachaufsicht wären die Räumlichkeiten groß genug um zwei Großtagespflegeeinrichtungen unterzubringen. Dies sollte im Hinterkopf behalten werden. Bei zwei Großtagespflegeeinrichtungen darf keine Doppelnutzung von Räumen erfolgen, es braucht eine strikte Trennung der beiden Großtagespflegeeinrichtungen, ansonsten entsteht Einrichtungscharakter und eine Betriebserlaubnis würde benötigt. Eine räumliche Trennung der beiden Gruppen (sanitäre Einrichtung, etc.) müsste erfolgen. Baurechtlich wäre hier jedoch dann aufgrund der gleichzeitigen Betreuung von mehr als 10 Kindern ein Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Nr .12 BayBO gegeben, welcher mit erhöhten Anforderungen (zweiter Rettungsweg, etc.) verbunden wäre.

 

Die Leitungen der Kindertageseinrichtungen wurden über die Gedankengänge informiert.


Beschluss:

Die Gemeindeverwaltung wird beauftragt das Konzept Großtagespflege weiter zu verfolgen. Das Obergeschoss der Sparkasse soll hierfür angemietet und hergerichtet werden. Das Personal soll möglichst auf selbstständiger Basis agieren.