Beschluss: Abstimmungsergebnis:

Abstimmung: Ja: 13, Nein: 1

Sachverhalt:

Im Jahr 2022 wurden die Friedhofsgebühren neu kalkuliert. In mehreren Beratungen hat sich der Gemeinderat entgegen der Empfehlung der Gemeindeverwaltung für die Herausrechnung der Wegesanierung sowie für eine Gebührenhöhe von 50 % Deckungsgrad ausgesprochen. Wie damals bereits dargestellt, stellen die Grabgebühr und die Bestattungsgebühr Benutzungsgebühren im Sinne des Art. 8 KAG dar. Der Friedhof zählt damit zu den kostendeckenden Einrichtungen (Art. 8 Abs. 2 KAG; hierauf wurde bereits in TZ 34 und 35 der überörtlichen Prüfung der Jahresabschlüsse 2012 bis 2016 verwiesen).

In TZ 3 des Berichts der letzten überörtlichen Prüfung der Jahresberichte 2017 bis 2021 heißt es hierzu:

TZ 3   Die Gemeinde hätte die Benutzungsgebühren für das Bestattungswesen unter Beachtung der Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes festzusetzen.

Die Gemeinde betreibt einen Friedhof als öffentliche Einrichtung. In den vergangenen Jahren wurde dieser für insgesamt rd. 1,7 Mio. € umfassend neugestaltet und saniert. Obwohl wir bereits unter TZ 34 unseres Prüfungsberichts vom 27.08.2018 festgestellt hatten, dass der Kostendeckungsgrad der Bestattungseinrichtung nur bei rd. 43 % lag und die Gemeinde den Gebührenbedarf zu ermitteln und einen angemessenen Kostendeckungsgrad anzustreben hätte, unterblieb eine Gebührenbedarfsermittlung während des gesamten Berichtszeitraums. Die Grabnutzungsgebühren wurden zuletzt im Jahr 2003 angepasst. In den Berichtsjahren nahm der Kostendeckungsgrad tendenziell weiter ab und lag nach den doppischen Teilergebnisrechnungen in den letzten beiden Berichtsjahren nur noch bei rd. 34 % (2020) bzw. rd. 29 % (2021). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der tatsächliche Kostendeckungsgrad noch geringer ausfallen dürfte, da in den Teilergebnisrechnungen keine kalkulatorischen Zinsen enthalten sind.

Im Jahr 2022 ließ die Gemeinde von einem Kommunalberatungsbüro eine Gebührenkalkulation erstellen. Nach einer ersten Vorstellung der kostendeckenden Gebührenkalkulation in der Gemeinderatssitzung am 27.09.2022 fanden noch eine Haupt- und Finanzausschusssitzung am 10.10.2022 sowie eine weitere Gemeinderatssitzung am 25.10.2022 statt, in der sich allerdings keine Mehrheit für den Erlass einer Gebührensatzung mit den ermittelten (kostendeckenden) Gebührensätzen bzw. zumindest mit einem annähernd angemessenen Kostendeckungsgrad fand.

Am 22.11.2022 beschloss der Gemeinderat schließlich den Erlass einer neuen Friedhofsgebührensatzung. Grundlage hierfür war eine gemäß den Vorgaben vorangegangener Sitzungen „überarbeitete“ Gebührenkalkulation. Maßgabe des Gemeinderats für die „Überarbeitung“ war das Ziel, möglichst geringe Grabnutzungsgebühren zu erreichen. Zum einen wurden daher die kalkulatorischen Kosten (kalkulatorische Zinsen und Abschreibungen) für die im Zuge der Friedhofssanierung und -neugestaltung sanierten Wege (Herstellungskosten rd. 260 T€) vollständig ausgegliedert. Zum anderen wurde ein Kostendeckungsgrad für die - infolge der Kostenausgliederung für die Wegesanierung ohnehin bereits reduzierten Kosten - von nur noch 50 % als Grundlage festgelegt. Die neue Friedhofsgebührensatzung vom 23.11.2022 mit den - wie beschrieben - reduzierten Grabnutzungsgebühren trat zum 03.12.2022 in Kraft.

Hierzu stellen wir fest:

a)         Für das Bestattungswesen sollen kostendeckende, nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bemessene Benutzungsgebühren erhoben werden (Art. 8 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 KAG). Daneben hat die Gemeinde nach Art. 62 Abs. 2 Nr. 1 GO - soweit sonstige Einnahmen (z.B. Vermögenserträge, Zuweisungen) nicht zur Verfügung stehen - die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen soweit vertretbar und geboten zunächst aus besonderen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen (wie insbesondere durch Benutzungsgebühren) und erst nachrangig hierzu durch Steuern zu beschaffen. Die Festsetzung von Gebührensätzen, die eine Kostendeckung um mehr als 50 % unterschreiten, sowie ein in den Berichtsjahren tatsächlich erreichter Gesamtkostendeckungsgrad von weit unter 50 % entsprechen nicht diesen gesetzlichen Vorgaben.

b)         Zu den nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG über Benutzungsgebühren zu deckenden nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten gehören insbesondere die kalkulatorischen Abschreibungen und die kalkulatorische Verzinsung des Anlagevermögens. Die Nichtberücksichtigung bestimmter Teile des Anlagevermögens bei der Ermittlung der ansatzfähigen kalkulatorischen Kosten - wie hier vom Gemeinderat für die Herstellungskosten der Friedhofswege beschlossen - steht im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorschriften. Nach der zum Ausbaubeitragsrecht ergangenen ständigen Rechtsprechung, die im vorliegenden Fall analog herangezogen werden kann, hat die Gemeinde sowohl bei der Entscheidung, ob überhaupt und welche Sanierungs- und Gestaltungsmaßnahmen am Friedhof vorgenommen werden sollen, als auch bei der Entscheidung über den konkreten Inhalt einschließlich der Einzelarbeiten, die zur Verwirklichung des mit der jeweiligen Maßnahme verfolgten Ziels erforderlich sind (einrichtungsbezogene Erforderlichkeit), einen weiten Ermessensspielraum. Auch bei der Beurteilung der Frage, ob angefallene Kosten angemessen sind (kostenbezogene Erforderlichkeit), steht der Gemeinde ein weiter Ermessenspielraum zu. Die Gemeinde ist nicht gehalten, die kostengünstigste Möglichkeit zu gewährleisten. Sie darf vielmehr auch gestalterische Überlegungen (z.B. Naturstein für die Fußwege) berücksichtigen[1]. Nachdem der Gemeinderat den Umfang und die Art der Bauausführung durch entsprechende Willensbekundung vorgegeben hat, sind zunächst grundsätzlich alle aus der Herstellung der Wegesanierung und -neugestaltung resultierenden kalkulatorischen Kosten bei der Gebührenkalkulation ansatzfähig.

c)         Wir weisen ergänzend zur künftigen Beachtung darauf hin, dass die Kosten für die von einem externen Beratungsbüro erstellte Gebührenkalkulation (rd. 11 T€) ebenfalls als gebührenfähige Kosten ansatzfähig sind (VG Freiburg, Urteil vom 10.12.2003 - 7 K 420/02). Dies ist in der vorliegenden Kalkulation unterblieben.

Der Gemeinderat hätte unter Beachtung der Vorgaben des KAG, des Vorrangs der speziellen Entgelte nach Art. 62 Abs. 2 GO sowie vorstehender Ausführungen auf der Grundlage der bereits vorliegenden Gebührenbedarfsberechnung erneut über die Gebührenhöhe zu entscheiden und einen angemessenen Kostendeckungsgrad anzustreben.

Des Weiteren empfahlen wir, die Benutzungsgebühren für die Bestattungseinrichtung regelmäßig - zumindest nach Ablauf von vier Jahren - nach Maßgabe des Art. 8 KAG zu ermitteln. Dabei sollen der Kostendeckungsgrad der Einrichtung durch eine Nachkalkulation überprüft und - soweit erforderlich - die Gebühren erneut der Kostenentwicklung angepasst werden. Auf die Ausführung in unseren Geschäftsberichten 2005, S. 44 ff., und 2014, S. 28, zur Kalkulation und Bemessung von Leistungsgebühren im Bestattungswesen, wird ergänzend verwiesen.“

Der Prüfbericht wurde dem Gemeinderat in seiner Sitzung im März 2024 vorgelegt. Eine Änderung wurde nicht gewünscht. Im Rahmen der Darstellung der Übersicht relevanter Erträge und Aufwendungen in der vergangenen Haupt- und Finanzausschusssitzung wurde eine Kostendeckung von 80 % angestrebt. Die Gemeindeverwaltung hat die entsprechende Änderungssatzung vorbereitet.



[1] vgl. u.a.: OVG Münster, Beschluss vom 13.02.2014 - 15 A 37/14 sowie VGH München, Urteil vom 11.12.2003 - 6 B 99.1270 


Beschluss:

Die Gemeinde Niedernberg erlässt auf Grund der Art. 2 und Art. 8 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBI. S. 264, BayRS 2024-1-I), zuletzt geändert durch § 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2024 (GVBl S. 573), die angefügte Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Bestattungseinrichtungen der Gemeinde Niedernberg sowie für damit in Zusammenhang stehende Amtshandlungen (Friedhofsgebührensatzung).