Sachverhalt:

Die Gemeinde Großwallstadt hat einen erhöhten Wasserbedarf und baut aktuell ihre Trinkwassergewinnung neu auf. Mehrere Brunnen werden auf Großwallstädter Gemarkung zwischen B469 und Odenwaldrücken gebohrt.

 

In jüngster Vergangenheit hat es bei der Brunnenstandortsuche Probleme mit Altablagerungen gegeben (temporär und in schwacher Konzentration wurden PAK-Stoffe nachgewiesen). Dies hat die Standortfindung der Brunnen erschwert. Es sind zudem Wasseraufbereitungsmaßnahmen (Aktivkohleanlage) erforderlich geworden.

 

Bei einem Informationsgespräch, Anfang Oktober 2020, wurde die geplante Trinkwassergewinnung und die geplante Schutzgebietsausweisung den Nachbargemeinden (Obernburg, Mömlingen, Großostheim und Niedernberg) vorgestellt, da die Schutzgebiete auch gemarkungsübergreifend festgesetzt werden sollen. Es ist zukünftig eine Fördermenge von ca. 1,9 Mio. cbm p.a. geplant (1,3 Mio. für ALCON, 300.000 cbm für Großwallstadt und ein „Klimazuschlag“ von 20%), worauf die Wasserförderung ausgelegt wird. Nach Aussage des Gutachters, Dr. Hanauer, seien diese Werte großzügig bemessen. Die Fördermenge und die Fließrichtung haben Auswirkungen auf die notwendige Schutzgebietsausweisung.

 

Die beteiligten Bürgermeister haben in dem Gespräch betont, dass eine gemarkungsübergreifende Schutzgebietsausweisung vermieden werden muss. Nach Aussage von Gutachter Dr. Hanauer, würde auch ein kleineres Wasserschutzgebiet (IIIA) ausreichend sein. Die Größe des Schutzgebietes definiere sich aus den Forderungen des Landratsamtes, auch um einen Notbetrieb, z.B. aufgrund eines Ausfalls eines Brunnens über einen anderen Brunnen, abdecken zu müssen.

 

An Behörden und Gutachter wurden Fragen gestellt, die noch nicht beantwortet sind:

·         Warum muss für die Notversorgung ein vollwertiges Schutzgebiet ausgewiesen werden?

·         Wie müsste der Notbrunnen VII betrieben werden, so dass keine Schutzzone IIIa auf Niedernberger Gemarkung ausgelegt werden müsste?

·         Wie hoch dürfte die entnommene Wassermenge sein, dass kein Schutzgebiet (differenziert nach IIIa und IIIb) auf fremde Gemarkung zu liegen kommen muss?

 

 

Mit Schreiben vom 26.11.2020 wendet sich nun das Landratsamt Miltenberg, Wasserrecht an die Gemeinde Niedernberg:

 

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister Reinhard,

 

im Nachgang zu unserer untenstehenden E-Mail vom 15.10.2020 hat ein weiteres Gespräch mit der Gemeinde Großwallstadt, Dr. Hanauer vom Büro HG und der Ciba Vision GmbH im Landratsamt Miltenberg stattgefunden. In diesem hat die Ciba Vision GmbH konkrete Zahlen über den künftigen Trinkwasserbedarf vorgelegt, auf deren Grundlage Dr. Hanauer das Ihnen bereits bekannte Konzept für das Wasserschutzgebiet angepasst hat. Demnach wird der Brunnen VII zunächst nicht in die öffentliche Wasserversorgung einbezogen, wodurch die Schutzzonen IIIA im Bereich Niedernberg und IIIB im Bereich Niedernberg und Großostheim etwas zurückgenommen werden können. Den entsprechenden Plan mit Darstellung der einzelnen Schutzzonen erhalten sie im Anhang.

 

Ein Mehrbedarf an Trinkwasser besteht bereits ab Beginn des kommenden Jahres. Der entsprechende Antrag auf Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis für die Grundwasserentnahme wird derzeit vom Büro HG erstellt und in Kürze beim Landratsamt Miltenberg eingereicht. Mit Inbetriebnahme der neuen Brunnen V und VIII ist ein Schutz der Brunnen zwingend erforderlich. Da das Verfahren zur Ausweisung eines Wasserschutzgebietes mitunter mehrere Jahre dauert, wird das Landratsamt Miltenberg noch in diesem Jahr für die auf dem beiliegendem Plan dargestellten Schutzzonen II und IIIA vorläufige Schutzanordnungen in Form einer wasserrechtlichen Veränderungssperre nach § 86 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie einer Allgemeinverfügung gemäß § 52 Abs. 2 WHG erlassen.

Aufgrund der Veränderungssperre dürfen auf den betroffenen Flächen wesentlich wertsteigernde oder die Durchführung des geplanten Vorhabens erheblich erschwerende Veränderungen nicht vorgenommen werden. Die Vorgaben der Allgemeinverfügung, die die landwirtschaftliche Nutzung der betroffenen Grundstücke regeln, erhalten Sie auszugsweise im Anhang. Hier finden Sie zudem einen Lageplan mit Darstellung der Schutzzonen II und IIIA, der Gegenstand der öffentlichen Bekanntmachung sein wird.

Von der Veränderungssperre und der Allgemeinverfügung können nach Einzelfallprüfung Ausnahmen zugelassen werden.

 

Auf Niedernberger Gemarkung fallen folgende Flurnummern künftig in den Bereich der Schutzzone IIIA und sind somit von den vorläufigen Schutzanordnungen betroffen:

13724, 13756, 13760 – 13774, 13788 – 13797, 13799, 13800, 13802 – 13807.

 

Da sich der vorläufige Schutz nicht auf die künftige Schutzzone IIIB erstreckt, sind Belange der Gemeinden Großostheim, Obernburg und Mömlingen zunächst nicht berührt.

 

Für die vorläufigen Anordnungen, die auf drei Jahre befristet sind und höchstens um ein weiteres Jahr verlängert werden können, ist ein förmliches Verfahren nicht vorgesehen.

Im späteren förmlichen Verfahren zur Ausweisung des Wasserschutzgebietes werden die Gemeinden, die von dem künftigen Schutzgebiet betroffen sind, selbstverständlich beteiligt und haben die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben.

 

Wir möchten der Gemeinde Niedernberg die Möglichkeit geben, sich zu den vorläufigen Schutzanordnungen zu äußern und bitten um entsprechende Rückmeldung bis zum 04.12.2020.“

 

 

Die vorgesehene Schutzgebietsausweisung bedeutet Einschränkungen bei der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Gemäß beigefügten Verbotskatalog, werden Regelungen beim Düngen und Ausbringen von organischen und mineralischen Stoffen getroffen.

 

Bürgermeister Roland Eppig und Gutachter Dr. Hanauer, stellen in der Gemeinderatssitzung die Thematik vor.


Beschluss:

Die Gemeinde Niedernberg stimmt einer Ausweisung eines Wasserschutzgebietes auf der Gemarkung Niedernbergs zum heutigen Stand nicht zu.

 

Die Gemeinde Niedernberg fordert, dass die Gesamtfördermengen, Förderraten, die Kombination der Brunnenentnahmen so aufeinander abgestimmt werden, dass die Ausweisung einer Schutzzone IIIa auf Niedernberger Gemarkung entbehrlich wird.