Beschluss: Abstimmungsergebnis:

Abstimmung: Ja: 9, Nein: 1

Sachverhalt:

Das geplante Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Mainufer“ sowie im Geltungsbereich der Satzung zur Baugestaltung in der Ortsmitte der Gemeinde Niedernberg (Gestaltungssatzung). Die Antragstellerin beabsichtigt den Ausbau des Dachgeschosses des bereits bestehenden Wohnhauses.

 

Grundflächenzahl

Die Grundflächenzahl (GRZ) gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Die zulässige Grundfläche ist der Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf. Im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Mainufer" beträgt die GRZ 1,0.

 

Die GRZ I umfasst das Hauptgebäude und beträgt 0,12, die GRZ II enthält die Grundflächen aller baulichen Anlagen auf dem Grundstück und beträgt 0,30.

 

Damit wird die Festsetzung eingehalten.

 

Anzahl der Vollgeschosse

Im Bebauungsplan „Mainufer“ ist die Anzahl der Vollgeschosse festgesetzt. Für das Baufenster in dem das Wohnhaus errichtet wurde ist geregelt, dass maximal zwei Vollgeschosse errichtet werden dürfen. Als Vollgeschosse gelten die Geschosse, die vollständig über der natürlichen oder festgelegten Geländeoberfläche liegen und über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine Höhe von mindestens 2,30 m haben.

 

Das Wohnhaus ist in vier Geschosse (KG, EG, OG, DG) sowie einen Spitzboden aufgeteilt. Das Kellergeschoss befindet sich größtenteils unterhalb der Geländeoberfläche und ist demnach kein Vollgeschoss. Der Spitzboden ist ebenfalls kein Vollgeschoss. Das Dachgeschoss ist laut des vorliegenden Vollgeschossnachweises ein Vollgeschoss. Die Anzahl der Vollgeschosse wird durch den geplanten Ausbau des Dachgeschosses somit überschritten (insgesamt drei Vollgeschosse).

 

Hierfür wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. In der Begründung wurde dargestellt, dass die Überschreitung der Vollgeschosse der Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum dient. Weiterhin ist nach Auffassung des Entwurfsverfassers ein nachträglicher Ausbau von ungenutzten Dachgeschossen aufgrund des schonenden Umgangs mit den natürlichen Ressourcen zu befürworten. Der Bauantrag verfolgt dieses Ziel. Laut den Festsetzungen des Bebauungsplans sind insgesamt drei Wohnungen zulässig, jedoch nur zwei Vollgeschosse. Zur wirtschaftlichen und sinnvollen Schaffung einer zusätzlichen Wohnung im Dachgeschoss wird jedoch das Dachgeschoss zum Vollgeschoss. Der Entwurfsverfasser gibt an, dass durch die Befreiung nachbarschaftliche Belange nicht beeinträchtigt und die Grundzüge des Bebauungsplans durch das dritte Vollgeschoss nicht berührt werden. Weiterhin gibt er an, dass das Maß der baulichen Nutzung (hier insbesondere nachfolgender Punkt bzgl. der Geschossflächenzahl) eingehalten wird.

 

Die Gemeindeverwaltung sieht insbesondere keine Probleme in der Überschreitung der maximalen Anzahl der Vollgeschosse. Das Wohnhaus ist freistehend und zurückversetzt; die Geschossflächenzahl (siehe nachfolgender Punkt) wird deutlich eingehalten.

 

Geschossflächenzahl

Die Geschossflächenzahl gibt an, wie viele Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Die Geschossflächenzahl (GFZ) ist im Bebauungsplan „Mainufer“ mit maximal 1,6 festgelegt und wird durch das Bauvorhaben mit einer GFZ von 0,33 eingehalten.

 

Dachneigung

Laut dem Bebauungsplan „Mainufer“ beträgt die Dachneigung mindestens 45° und höchstens 55°. Diese Bestimmung ist ebenfalls in § 3 Abs. 2 Nummer 2.1 der Gestaltungssatzung festgesetzt.

 

Das Haupthaus soll künftig eine Dachneigung von 45° haben. Dies stellt eine Verbesserung zum aktuellen Bestand dar, da das bestehende Dach derzeit eine Dachneigung von 35° aufweist. Damit wird durch das neu geplante Dach des Haupthauses die Festsetzung eingehalten.

 

Der Quergiebel ist mit einer Dachneigung von 40° geplant und unterschreitet diese Festsetzung somit.

 

Die Antragstellerin hat hierfür eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans bzw. eine Abweichung von der Gestaltungssatzung beantragt. In der Begründung ist angegeben, dass eine größere Dachneigung für den Quergiebel durch den bestehenden Kamin nicht möglich ist. Eine Verschiebung des Quergiebels ist durch die geplante Raumeinteilung nicht sinnvoll und würde eine asymmetrische Ansicht ergeben. Weiterhin ist dieser von der Straße aus nicht einsehbar, weshalb nachbarschaftliche Belange nicht beeinträchtigt werden.

 

Die Gemeindeverwaltung sieht insbesondere dadurch, dass der Quergiebel straßenseitig nicht einsehbar ist, keine Probleme in der Unterschreitung der Dachneigung.

Der Städteplaner stimmt dieser Ansicht in seiner Stellungnahme zu:

„Der beantragte Zwerchgiebel ist ein untergeordnetes Bauteil. Die Verringerung der hier zulässigen Dachneigung auf 40° ist ortsgestalterisch kein Problem, sogar die bessere Lösung als > 45°. Dem Antrag auf Abweichung von der Gestaltungssatzung sollte entsprochen werden.“

 

Wandhöhe

Die Wandhöhe ist das Maß von der Gehweg-Hinterkante bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut bzw. der obere Abschluss der Wand. Nach dem Bebauungsplan „Mainufer“ darf die Wandhöhe bei zweigeschossigen Wohngebäuden 6,60 m nicht überschreiten.

 

Durch den Umbau des Dachgeschosses soll die Wandhöhe des Haupthauses künftig 7,69 m betragen. Die Festsetzung wird damit um 1,06 m überschritten. Die Wandhöhe des Dachgiebels soll künftig 9,01 m betragen. Die Festsetzung wird damit um 2,41 m überschritten.

 

Hierfür wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. In der Begründung wurde angegeben, dass nachbarschaftliche Belange durch die Befreiung nicht beeinträchtigt und die Grundzüge des Bebauungsplans nicht berührt werden. Ebenfalls beschreibt der Entwurfsverfasser in der Begründung, dass für einen zeitgemäßen Ausbau des Dachgeschosses zu einer Wohnung die Anhebung des Hauptdachs für eine angenehme Raumhöhe zweckmäßig bzw. erforderlich ist.

 

Die Hinterkante der öffentlichen Verkehrsfläche liegt 0,21 m niedriger als die Geländeoberfläche des Grundstücks, wodurch sich faktisch eine Wandhöhe des Haupthauses von 7,47 m ergibt. Durch den Ausbau des Dachgeschosses wird die Wandhöhe zum Bestand nur um ca. 0,8 m erhöht. Die deutliche Überschreitung des Quergiebels entsteht durch die geringere Dachneigung. Aufgrund dieser ist der Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut weiter oben als der, des Haupthauses. Faktisch hat der Quergiebel jedoch eine geringere Firsthöhe als das Haupthaus. Insbesondere, da das Haus freistehend ist und der Quergiebel nicht von der Straße einsehbar ist, sieht die Gemeindeverwaltung keine Probleme in der Überschreitung der Wandhöhe.

 

Abstandsflächen

Vor den Außenwänden von Gebäuden sind Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO). Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich nach der Wandhöhe; sie wird senkrecht zur Wand gemessen. Die Höhe von Dächern mit einer Neigung von bis einschließlich 70 Grad wird zu einem Drittel der Wandhöhe, von Dächern mit einer Neigung von mehr als 70 Grad voll der Wandhöhe hinzugerechnet. Dies ergibt das Maß „H“. Die Tiefe der auf dem Grundstück selbst liegen.

 

Der Antragsteller beantragt die Abweichung von Vorschriften der Bayerischen Bauordnung. Durch die geplante Erhöhung des Daches liegen Abstandsflächen von 1,99 m² auf dem Nachbargrundstück mit der Fl.Nr. 120. In der Begründung ist angegeben, dass ein Teilbereich bereits mit einem Nebengebäude bebaut ist und dies somit keine Auswirkung hat. Ferner sind im ganzen alten Ortskern Abstandsflächenüberschreitungen vorhanden.

 

Die Bauaufsichtsbehörde kann unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen Abweichungen von Anforderungen der Bayerischen Bauordnung zulassen.

 

Stellplätze

Auf dem Grundstück werden 2 Stellplätze für das Bauvorhaben errichtet. Notwendig sind laut dem Bebauungsplan „Mainufer“ pro Wohneinheit 1,5 Stellplätze. Ist die Wohneinheit kleiner als 50 m² so ist ein Stellplatz notwendig.

 

Durch das Bauvorhaben entsteht eine neue Wohneinheit mit einer Grundfläche von mehr als 50 m². Die bestehenden zwei Wohneinheiten werden nicht verändert, weshalb hierfür keine Stellplätze nachgewiesen werden müssen. Aus diesem Grund sind insgesamt 1,5 ≈ 2 Stellplätze notwendig.

 

Nach § 3 Nr. 1 Buchstabe a der Satzung über die Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge der Gemeinde Niedernberg würden hier ebenfalls 2 Stellplätze gefordert werden. Diese Festsetzung ist damit eingehalten.

 

Nachbarbeteiligung

Bis auf einen Eigentümer haben die benachbarten Grundstückseigentümer dem Bauvorhaben zugestimmt. Ein Eigentümer konnte laut Aussage der Antragstellerin nicht erreicht werden.


Beschluss:

Der Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde Niedernberg erteilt zum o. g. Bauvorhaben und den damit verbundenen Anträgen auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans bzgl.

 

-       Anzahl der Vollgeschosse

-       Wandhöhe

-       Dachneigung

 

das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB.