Sitzung: 25.07.2023 Bau- und Umweltausschuss
Beschluss: Abstimmungsergebnis:
Abstimmung: Ja: 10, Nein: 0
Vorlage: 084/2023
Sachverhalt:
Das geplante Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des
Bebauungsplans „Mainufer“ sowie im Geltungsbereich der Satzung zur
Baugestaltung in der Ortsmitte der Gemeinde Niedernberg (Gestaltungssatzung).
Die Antragstellerin beabsichtigt den Abbruch des bestehenden Nebengebäudes und
den Neubau eines Wohnhauses.
In der Bau- und Umweltausschusssitzung am 31.01.2023
wurde die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens für das Bauvorhaben „Ausbau
Dachgeschoss“ des Baugrundstücks beschlossen. Der Bauantrag für dieses
Bauvorhaben ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht genehmigt bzw. versagt
worden, da noch Unterlagen fehlen. Laut Aussage der Antragstellerin
beabsichtigt diese, das ursprünglich geplante Bauvorhaben, d. h. den Ausbau des
Dachgeschosses, nicht umzusetzen und beantragt nun anstelle dessen den Neubau
eines Wohnhauses in einem anderen Baufenster auf diesem Grundstück.
Grundflächenzahl
Die Grundflächenzahl (GRZ) gibt an, wieviel
Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Die
zulässige Grundfläche ist der Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen
Anlagen überdeckt werden darf. Im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Mainufer"
beträgt die GRZ 1,0.
Die GRZ I umfasst die beiden Hauptgebäude und
beträgt 0,19; die GRZ II enthält die Grundflächen aller baulichen Anlagen auf
dem Grundstück und beträgt 0,32.
Damit wird die Festsetzung eingehalten.
Anzahl der Vollgeschosse
Im Bebauungsplan „Mainufer“ ist die Anzahl
der Vollgeschosse festgesetzt. Für das Baufenster in dem das Wohnhaus errichtet
werden soll, ist geregelt, dass ein Vollgeschoss mit Kniestock (max. 0,80 m) errichtet
werden kann. Als Vollgeschosse gelten die Geschosse, die vollständig über der
natürlichen oder festgelegten Geländeoberfläche liegen und über mindestens zwei
Drittel ihrer Grundfläche eine Höhe von mindestens 2,30 m haben.
Das geplante Bauvorhaben soll zweigeschossig
(EG, DG) mit einem Spitzboden errichtet werden. Das Dachgeschoss ist laut des
vorliegenden Vollgeschossnachweises kein Vollgeschoss. Der Spitzboden ist
ebenfalls kein Vollgeschoss. Der Kniestock unterschreitet die Höhe von 0,80 m.
Diese Festsetzung wird somit eingehalten.
Geschossflächenzahl
Die Geschossflächenzahl gibt an, wie viele
Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind.
Mit einberechnet werden hierbei lediglich die Vollgeschosse. Die
Geschossflächenzahl (GFZ) ist im Bebauungsplan „Mainufer“ mit maximal 1,6 festgelegt
und wird durch das Bauvorhaben mit einer GFZ von 0,22 eingehalten.
Baugrenze
Baugrenzen dürfen von Gebäuden und
Gebäudeteilen grundsätzlich nicht überschritten werden. Bei diesem Bauvorhaben
soll die Baugrenze durch die Terrasse (24,50 m²) überschritten werden.
Hierfür wurde eine Befreiung von den
Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. In der Begründung ist dargestellt,
dass die geplante Terrasse an gleicher Stelle errichtet wird, die bereits schon
seit Jahren als Freisitz genutzt wird. Es ergäbe sich daher keine Änderung die
den Nachbarn negativ beeinträchtigen würde. Daher ist angegeben, dass
nachbarschaftliche Belange durch die Befreiung nicht beeinträchtigt werden und
eine Befreiung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Die Gemeindeverwaltung sieht keine Probleme
in der Überschreitung der Baugrenze. Dies ist insbesondere der Fall, da
Terrassen keine Gebäude darstellen. In der Vergangenheit gab es deshalb auch
bereits Fälle, bei denen die untere Bauaufsichtsbehörde für die Überschreitung
der Baugrenze durch eine ebenerdige Terrasse kein Antrag auf Befreiung von den
Festsetzungen des Bebauungsplans verlangt hat.
Wandhöhe
Die
Wandhöhe ist das Maß von der Gehweg-Hinterkante bis zum Schnittpunkt der Wand
mit der Dachhaut bzw. der obere Abschluss der Wand. Nach dem Bebauungsplan
„Mainufer“ darf die Wandhöhe bei eingeschossigen Wohngebäuden mit Kniestock
3,80 m nicht überschreiten. Das geplante Wohnhaus soll mit einer Wandhöhe von
3,72 m errichtet werden.
Firstrichtung
Im Bebauungsplan „Mainufer“ ist für das
betroffene Baufenster die Ausrichtung des Dachfirstes (obere Kante des
Satteldachs) festgelegt. Demnach soll dieser von Norden nach Süden, d. h.
parallel zum Main, verlaufen. Es ist geplant, die Fristrichtung nicht
einzuhalten.
Hierfür wurde eine Befreiung von den
Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. In der Begründung ist dargestellt,
dass das Dach mit einer Solar- und Photovoltaikanlage belegt werden soll. Zur
Nutzung von Alternativenergien ist die Drehung des Firstes um 90° erforderlich.
Weiterhin ist angegeben, dass in unmittelbarer Nähe keine einheitlichen
Dachausrichtungen vorhanden sind und die Drehung des Firstes der erforderlichen
Abstandsfläche entgegenkommt. Der betroffene Nachbar würde dadurch westliche
geringer beeinträchtigt. Das bestehende Nebengebäude hat derzeit ebenfalls eine
Firstausrichtung von West nach Ost.
Die Gemeindeverwaltung sieht keine Probleme
in der Nichteinhaltung der Firstrichtung. Im Bebauungsplan „Mainufer“ ist keine
einheitliche Regelung erkennbar.
Abstandsflächen
Vor den Außenwänden von Gebäuden
sind Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten (Art. 6 Abs. 1
Satz 1 BayBO). Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich nach der Wandhöhe; sie
wird senkrecht zur Wand gemessen. Die Höhe von Dächern mit einer Neigung von
bis einschließlich 70 Grad wird zu einem Drittel der Wandhöhe, von Dächern mit
einer Neigung von mehr als 70 Grad voll der Wandhöhe hinzugerechnet. Dies
ergibt das Maß „H“. Die Tiefe der auf dem Grundstück selbst liegen.
Eine Ausnahme hiervon ist in
Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO festgelegt. Demnach dürfen Abstandsflächen auch auf
öffentlichem Verkehrsflächen liegen, jedoch nur bis zu deren Mitte.
In Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO
ist geregelt, dass sich Abstandsflächen ganz oder teilweise auf anderen
Grundstücken erstrecken dürfen, wenn der benachbarte Grundstückseigentümer
gegenüber der Bauaufsichtsbehörde schriftlich zustimmt (sog.
Abstandsflächenübernahme). Diese Zustimmung gilt auch für und gegen seine
Rechtsnachfolger.
Die nördliche, östliche und
südliche Abstandsfläche liegen jeweils alle auf dem Baugrundstück. Die
westliche Abstandsfläche liegt nicht auf dem Grundstück selbst. Sie liegt
teilweise auf der angrenzenden Straße (Quergasse, Fl.Nr. 114), sowie teilweise
auf dem gegenüberliegenden Grundstück (Quergasse 3, Fl.Nr. 113).
Für die Lage der westlichen
Abstandsfläche auf dem gegenüberliegenden Grundstück liegt eine
Abstandsflächenübernahme vor.
Stellplätze
Auf dem Grundstück werden 2 Stellplätze für
das Bauvorhaben errichtet. Notwendig sind laut dem Bebauungsplan „Mainufer“ pro
Wohneinheit 1,5 Stellplätze. Ist die Wohneinheit kleiner als 50 m² ist ein
Stellplatz notwendig.
Durch das Bauvorhaben entsteht eine neue
Wohneinheit mit einer Grundfläche von mehr als 50 m². Das bestehende
Wohnhaus wird nicht verändert, weshalb hierfür keine Stellplätze nachgewiesen
werden müssen. Aus diesem Grund sind insgesamt 1,5 ≈ 2 Stellplätze notwendig.
Nach § 3 Nr. 1 Buchstabe a der Satzung über
die Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge der Gemeinde Niedernberg
würden hier ebenfalls 2 Stellplätze gefordert werden. Der Bebauungsplan ist
hier vorrangig, die Satzung würde aber in diesem Fall dennoch eingehalten
werden.
Für das ursprünglich eingereichte Bauvorhaben
(Ausbau Dachgeschoss) wurden die notwendigen 2 Stellplätze an derselben Stelle
nachgewiesen. Würden beide Bauvorhaben umgesetzt werden so sind insgesamt 4
Stellplätze notwendig, welche alle auf dem Grundstück hergestellt werden
müssen. Aufgrund dessen wird das Einvernehmen unter der Bedingung, dass das im
Februar eingereichte Bauvorhaben nicht umgesetzt oder bzgl. der Stellplätze
überplant wird, erteilt.
Nachbarbeteiligung
Der einzige direkt angrenzende
Grundstückseigentümer wurde nicht beteiligt.
Hochwasserschutz
Das Baugrundstück liegt teilweise im Überschwemmungsgebiet (HQ100). Das
Landratsamt prüft im Rahmen des Bauantrags welche Auswirkungen dies hat und ob
notwendige Maßnahmen getroffen werden müssen.
Beschluss:
Der Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde Niedernberg erteilt zum o. g. Bauvorhaben und den damit verbundenen Anträgen auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans bzgl.
- Traufhöhe
- überbaubare Grundstücksfläche, Baugrenze
das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB.
Voraussetzung für die Gemeinde Niedernberg ist, dass der Bauantrag „Ausbau Dachgeschoss“ (Eingangsdatum Gemeinde: 18.01.2023, Aktenzeichen Gemeinde: G/3/2023) zurückgezogen wird.